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Fürs Leben lernen


Eigenständiges Lernen fördern, das ist Dennis Lischo enorm wichtig.  Der Schulleiter der weiterführenden DPFA-Regenbogen-Schulen in Chemnitz möchte seine Schüler in ihrem eigenen Denken, Handeln und Urteilen stärken. Sein Ziel: Junge Menschen zu Persönlichkeiten reifen lassen, die später einmal Verantwortung für das übernehmen, was sie tun und entscheiden. Wie der 46-jährige Sport- und Biologie-Lehrer das erreichen möchte, verriet er uns im Interview.

Dennis Lischo ist seit 1. August 2020 Schulleiter der DPFA-Regenbogen-Schulen Chemnitz (Oberschule und Gymnasium). Foto: Ines Escherich Fotografie
Dennis Lischo ist seit 1. August 2020 Schulleiter der DPFA-Regenbogen-Schulen Chemnitz (Oberschule und Gymnasium). Foto: Ines Escherich Fotografie

Herr Lischo, sind Sie selbst gern zur Schule gegangen und haben Sie Ihre Schulzeit in guter Erinnerung?

Die Liebe zur Schule habe ich tatsächlich erst spät entdeckt. Bis etwa zur neunten Klasse war ich ein ziemlich schlechter Schüler und bin nur hingegangen, weil es Pflicht war. Das änderte sich dann langsam. Nach dem Wechsel auf eine Gesamtschule ging ich sehr gerne zur Schule. Die Noten wurden besser, ich hatte Erfolgserlebnisse, die mich motivierten, weiterzulernen.
Nach der Schule war ich meist auf dem Tennisplatz zu finden. Die Erfolge im Sport und mein Tennislehrer als Mentor ließen mein Selbstvertrauen wachsen. Dadurch wurde ich auch in der Schule besser. Natürlich haben auch Freunde und bestimmte Lehrer eine Rolle gespielt. Als ich das Abitur in der Tasche und den Zivildienst absolviert hatte, war für mich klar: Wenn ich studiere, dann Sportwissenschaft und Biologie.

Wie setzt sich Ihr Team zusammen, das an DPFA-Regenbogen-Oberschule und Gymnasium in Chemnitz arbeitet?

Wir haben ein engagiertes, junges Kollegium aus Pädagogen und Quereinsteigern im Lehrerberuf, die fachlich alle sehr gut ausgebildet sind. Die Arbeit an unserer Schule ist insofern etwas Besonderes, da sich Oberschule und Gymnasium im Aufbau befinden. Aktuell sind wir bei der Klassenstufe 9 angekommen. Nächstes Jahr verlassen unsere allerersten Oberschüler unsere Einrichtung. Jede Kollegin, jeder Kollege arbeitet hier auch an dem Aufbau unserer Schulen mit, jeder kann an diesem Prozess teilhaben und etwas entstehen lassen.

Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit und der Arbeitsweise Ihres Teams wichtig?

Wir sind eine sehr schülerzentrierte Schule. Das ist schon außergewöhnlich. Jeder im Kollegium engagiert sich für unsere Schülerinnen und Schüler – bis zum Hausmeister, der unsere Schülerradio-AG leitet. Wir sind eine Privatschule und die Zuwendung zum Kind ist das, was für uns als Schule wichtig ist. Im Mittelpunkt steht für mich, dass wir die Kinder und Jugendlichen dazu befähigen, selbstständig zu lernen.
Vorbild ist für mich die so genannte „Dalton“- Pädagogik, benannt nach der amerikanischen Stadt Dalton. Das selbstständige Lernen steht dabei im Zentrum ihrer Pädagogik. Eine grundlegende Erkenntnis ist dabei, dass man das, womit man sich selbst aktiv auseinandersetzt, am ehesten behält. Die eigene Begabung und Motivation hat zum Beispiel einen großen Einfluss auf das individuelle Lerntempo. Für das „Selbst-Machen” benötigt man Zeit, die sich die Schülerinnen und Schüler frei einteilen und nutzen können – in einem vorgegebenen Rahmen. Das wollen wir hier an unserem Bildungszentrum einführen. Perspektivisch wird es so sein, dass dafür täglich rund zwei Stunden im Rahmen des regulären Stundenplans Zeit sein wird.

Wie darf man sich das praktisch vorstellen?

In den Dalton-Stunden wird Unterrichtszeit für dieses selbstständige Arbeiten zur Verfügung gestellt. In dieser Zeit sind alle Klassenräume frei zugänglich und jeweils mit einem Fachlehrer besetzt. Die Schülerinnen und Schüler können selbst über Reihenfolge, die Wahl der Lehrer, des Raumes und wie sie arbeiten wollen, entscheiden. Das bedeutet, dass ein Schüler vielleicht in einen Raum geht, wo er sich mit seinem Lieblingslehrer, bei dem er sonst nicht Unterricht hat, auf die bevorstehende Mathearbeit vorbereitet, weil die beiden gut miteinander können.
Ein anderer hat vielleicht in Geografie etwas nicht verstanden und trifft sich mit einem Schüler aus einer höheren Klassenstufe, um das Stoffgebiet noch einmal unter Aufsicht eines Lehrers gemeinsam durchzugehen. Oder jemand braucht mal eine Pause und nimmt ein kreatives Angebot wahr, indem er ein Musikinstrument lernt. Das soll ein fester Teil des Schulalltags werden.
So werden Schülerinnen und Schüler systematisch an das eigenständige Lernen und die Kooperation mit ihren Mitschülern herangeführt. In der übrigen Unterrichtszeit findet natürlich Unterricht in der üblichen Form gemäß des sächsischen Lehrplans statt.

Schüler der DPFA-Regenbogen-Schulen erleben einen vielfältigen Schulalltag. Fotos: Caroline Lindner / DPFA Chemnitz
Das Schulleben an den DPFA-Regenbogen-Schulen in der Chemnitzer Emilienstraße ist vielfältig und bietet - auch mit Hilfe von Projekten und Kooperationen - jede Menge Anregungen für die Schülerinnen und Schüler, ihre eigenen Stärken zu entdecken. Fotos: Caroline Lindner / DPFA Chemnitz

Wie sehr hat die Corona-Pandemie den Schul-Alltag verändert?

Sie hat natürlich – wie für viele andere auch – enorme Herausforderungen mit sich gebracht. Die größte Anstrengung war die vernünftige Verlagerung der Lernzeit ins häusliche Umfeld. Probleme gibt es da an jeder Schule, aber ich denke, wir haben das insgesamt gut hinbekommen. Das Besondere bei uns ist, dass wir einen strukturierten Tagesablauf und einen engen Kontakt zu den Lehrkräften ermöglichen, denn in DPFA-Regenbogen-Gymnasium und -Oberschule läuft der Unterricht aktuell jeden Wochentag ab 8 Uhr komplett virtuell nach Stundenplan.
Die Schüler finden sich also zu den jeweiligen Unterrichtsstunden in ihrem virtuellen Klassenraum ein, wo der zuständige Fachlehrer „live“ Unterricht hält und natürlich auch für Fragen der Schüler zur Verfügung steht. Auch die Schüler werden aktiv: Sie halten beispielsweise im Video-Unterricht von zu Hause aus vor der Klasse Vorträge. Die Lehrer unterrichten sowohl von zu Hause als auch der Schule aus.

Was liegt Ihnen im Umgang mit den Schülerinnen und Schülern am Herzen, was erwarten Sie aber auch von den Kindern und Jugendlichen?

Ein freundlicher und respektvoller Umgang miteinander steht für mich an oberster Stelle, egal worum es geht. Aufeinander zu hören und aufeinander zuzugehen. Die Nahbarkeit aller, die in diesem Haus tätig sind – mich eingeschlossen.
Für ein gutes Miteinander braucht es aber auch klare Regeln und Strukturen. Kinder und Jugendliche brauchen da auch eine Richtung. Regeln akzeptieren und einhalten lernen, hilft auch im späteren Berufsleben. Wir engagieren uns gemeinsam mit unserem Schulcoach in verschiedenen Projekten, etwa um Drogenkonsum oder Mobbing vorzubeugen.

Ein Schriftzug an der Wand er Schule zeigt die Schulregeln. Foto: Caroline Lindner / DPFA Chemnitz
Fairness, Höflichkeit, Hilfsbereitschaft, Respekt und Pünktlichkeit - das sind nur einige der Werte, auf die im gemeinsamen Miteinander an der Schule Wert gelegt wird. Foto: Caroline Lindner / DPFA Chemnitz

Oberschule und Gymnasium unter einem Dach – wie funktioniert das ganz praktisch?

Natürlich sind das zwei unterschiedliche Schularten mit unterschiedlichen Anforderungen an die Schülerschaft. Aber ich verstehe uns dennoch als Schulgemeinschaft, die im Alltag miteinander verbunden ist – zum Beispiel durch gemeinsame Schulfeste, Wandertage, Tage der offenen Tür oder schulartübergreifende Projekte.
Bei uns herrscht eine familiäre Atmosphäre, da wir pro Schulart einzügig fahren. Darin sehe ich auch einen großen Vorteil gegenüber staatlichen Schulen. Für manche Eltern ist es auch wichtig zu wissen, dass in unserem Bildungszentrum ein unkomplizierter Wechsel zwischen den Schulformen möglich ist – vor allem in der Orientierungsphase der fünften und sechsten Klasse.

Nächstes Jahr verlässt der erste Oberschuljahrgang das Haus, in drei Jahren die ersten Abiturienten. Wozu möchten Sie die Jugendlichen befähigen, welche Kompetenzen möchten Sie ihnen für ihr späteres Leben mitgeben?

Das Ziel unserer Schule ist es natürlich, unseren Schülerinnen und Schülern die bestmögliche Bildung mit auf den Weg zu geben. Dass wir die Grundlage dafür schaffen, dass die Absolventen ein Studium oder eine Berufsausbildung in Angriff nehmen und bewältigen können. Da sind wir wieder beim „Dalton“-Prinzip des eigenständigen Lernens. Ich würde mir wünschen, dass sich unsere Schülerinnen und Schüler gut selbst disziplinieren und organisieren können und als reife Persönlichkeiten unser Haus verlassen, die Verantwortung übernehmen für das, was sie tun und entscheiden.

Herr Lischo, wir danken Ihnen für das Interview und wünschen Ihnen und allen Schülern ein gesundes und erfolgreiches zweites Schulhalbjahr!